MotoGP-Kolumne: Marquez ins Ducati-Werksteam

MotoGP: Suche nach dem Rezept der Langsamkeit

Von Thomas Kuttruf
Hinter den Kulissen laufen die Gespräche für neue MotoGP-Technik-Regeln ab 2027. Die angedachte Reduzierung des Hubraums als Kernmaßnahme ist mehr als fragwürdig. Spannend, ein Ansatz aus England.

Es klingt nach ferner Zukunft – die angedachten Änderungen am technischen Regelwerk der MotoGP ab 2027. Mit der Aussage, es ginge in erster Instanz um eine bessere Kontrolle der Geschwindigkeit, steht eine neue Hubraumgrenze von 850 ccm im Raum.

Die Idee ist nicht neu. Die Realisierung auch nicht. Zur Saison 2008 gingen die Werksteams mit aufwändig neu konstruierten Prototypen mit 800 ccm Hubraum, anstatt wie bis dato mit maximal 990 ccm an den Start. Zwar führte das Schrumpfmanöver auch zu einem Rückgang der Motorleistung auf rund 220 PS, in der Praxis ging der Verlangsamung-Plan aber komplett nach hinten los. Bereits beim ersten Rennen des Jahres wurden die Rundenrekorde wieder nach unten geschraubt.

Dank der kompakten Baumaße und reduzierten bewegter Massen nahm die Aggressivität der Bikes abseits der Geraden deutlich zu, der Kurvenspeed ging in die Höhe. Eine alte Rennsportregel sagt: Jedes km/h, das du mehr mit auf die Gerade nimmst, das behältst du auch bis zum Bremspunkt als Bonus!

Ging es darum, die Maschinen im gesamten langsamer zu machen, dann ließe sich das nur durch ein Kappen der Motorleistung über Drehzahllimits bei gleichem oder mehr Hubraum erreichen. Zudem müssten die Rennbikes ab dem Scheitelpunkt der Kurve bis auf die Gerade hinaus verlangsamt werden. Die funktioniert, einfach ausgedrückt, nur wenn man Mann und Maschine die Haftung nimmt.

Der direkte Weg führt hier über das Medium Gummi. Die Logik sagt: Je weniger Grip ein Reifen bietet, desto mehr Stürze. Die Wahrheit ist aber, die Piloten stürzen unabhängig vom gebotenen Grip, denn die Aufgabe der Fahrer ist es jeden Reifen exakt ans Limit zu führen. Der entscheidende Unterschied liegt in der Art des Crashs und in der Geschwindigkeit. Je mehr der Pilot unter Last um maximale Traktion ringt, desto geringer der «Exit corner Speed».

Tatsache ist, Unfälle mit einem Rennmotorrad passieren in aller Regel nicht auf der Geraden. Gestürzt wird entweder übers Vorderrad in den Phasen negativer Beschleunigung oder übers Hinterrad, per gefürchtetem Highsider. Nicht zu unterschätzen ist auch die Kollision als Ursache. Ob 250 oder 1000 ccm, wenn sich Piloten meist auf dem Weg zum Scheitelpunkt in die Quere kommen, spielen die technischen Rahmenbedingungen nur eine Nebenrolle.

Sehr interessant ist die eine für 2024 umgesetzte Regeländerung in der britischen Superbike-Meisterschaft BSB. Seit Jahren bemüht sich der Veranstalter, das Sicherheitsrisiko auf den vorsichtig formuliert sehr rustikalen Pisten vom Kaliber «Cadwell Park» zu kontrollieren. Ein großer Schritt war das Verbot von elektronischen Fahrhilfen. Nun findet eine Erweiterung der Maßnahmen statt. Die hochklassige nationale Superbike-Serie setzt wie in der Weltmeisterschaft auf Einheitsrennreifen von Pirelli. In der BSB wurde die superweiche SCX-Spezifikation nun für dieses Jahr komplett aus dem Angebot genommen.  

Stuart Higgs, Chef der Serie: «Wir müssen auf der Insel keine Rundenrekorde mehr brechen. Reifen die nur auf kurze Distanzen fantastisch funktionieren, wollen wir nicht einsetzten. Schön wenn man einen super irren Grip auf der Flanke hat, aber wenn der dann abreißt, dann gute Nacht.»

Ohne Frage ist das Thema hochsensibel. Dem MotoGP-Feld eine große Portion Haftung klauen, wäre im Sinne des Sports sicher fragwürdig. Ein Teil der Faszination liegt gerade beim Motorrad in der maximal schnellen Schräglage. Doch wenn es wirklich darum gehen soll, eine weitere Eskalation in Sachen Rundenzeit zu vermeiden, dann gehören auch die Reifenentwickler mit an den Verhandlungstisch.

Eine Reglements-Änderung im Sinne der Sicherheit isoliert über die Abteilung «Motor» ablaufen zu lassen, würde nach den heutigen Erkenntnissen sicher nicht zum Ziel führen.

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